Geschichte

Geschichte der Voliere Schwäbis


Den Bemühungen des Vorstandes des Ornithologischen Vereines ist es nach langen, schwierigen

Vorbereitungen nun doch gelungen, ein altes Postulat des Vereines und ein Lieblingsprojekt der Freunde

unserer Vogelwelt zu verwirklichen: die Erstellung und Bevölkerung einer Voliere. Diese Voliere wird für die

nächste Zukunft wenigstens und bis sich andere Verhältnisse baulicher Art unserer Stadt endlich abgeklärt

haben werden, im Schwäbis ihren Standort finden. Dass die Platzfrage nicht so leicht gelöst werden konnte,

liegt bei den verschiedenen „Geschmäckern", welche beim Aufrollen solcher Fragen sich bemerkbar machen.

Aber wir sind überzeugt, dass sich jedermann mit dem Standort befriedigen kann, wenn einmal die ganze

Anlage fertig vor dem Auge sich zeigen wird.

Oberländer Tagblatt, 9. August 1919

Vor nun mehr als hundert Jahren züchtete und pflegte der Ornithologische Verein von Thun und Umgebung in

der Voliere im Freienhofgarten ihre gefiederten Tiere. Die Voliere war für die Öffentlichkeit nicht zugänglich.

An der Hauptversammlung am 22. Juni 1907, nach einem Vortrag von Herrn Lampert aus Solothurn,

beschliesst der ornithologische Verein von Thun und Umgebung, eine öffentliche Voliere zu errichten. Die

bestehende Voliere im Freienhofgarten wurde zunehmend baufällig und mit den 195 Mitglieder auch zu klein.

Am 14. Juli 1919 sind die Verhandlungen zwischen der Gemeinde Thun und dem ornithologischen Verein von

Thun abgeschlossen. Als Vorlage für den Bau der Voliere, dienten die untrennbaren Begriffe wie; In Bern der

Bärengraben und in Basel der Zoologische Garten. Thun wird es in Zukunft auch sein. Für den Bau der Voliere

im Schwäbis werden insgesamt 4000.- Franken gesprochen. Ferner übernimmt die Gemeinde die Kosten für

Strom, Wasser und Kanalisation.

Kaum 3 Monate dauerte der Bau der neuen Voliere im Schwäbis. Ein sechseckiges Gebäude mit einer

Nutzfläche von etwa 100 m 2 , einem zweckmässigen Arbeitsraum und 8 Käfigen mit zugehörigem Wetterschutz

im Gebäudeinnern ist entstanden. Die komplette Anlage besteht aus Teilen der ursprünglichen Voliere im

Seegarten und den nicht mehr benötigten Eisenteilen aus dem Werkhof vom Stadtbauamt. Kein Verein hat

bisher in Thun ein solches Werk vollbracht. Nach dem Winterfrost im April 1920 hausten vereinzelt Vögel in

der neuen Voliere. Der Kauf von zusätzlichen Tieren erwies sich jedoch als schwierig. Das Angebot und die

Vielfalt an Vögel zum Kauf waren sehr klein. Zudem kosteten die angebotenen Vögel viel Geld. So blieb nur

der Aufruf an die Bevölkerung, Vögel irgendwelcher Art und aus Privatbesitz in die Voliere aufzunehmen.

Der ausführende Verein musste für die Erstellung und Unterhalt der Anlage grosse finanzielle Opfer bringen.

Mit Losverkäufen, Tombola, Vogelausstellungen und Spendenaufrufe an die Bevölkerung, versuchte sich der

ornithologische Verein während mehreren Jahren aus der finanziellen Krise zu befreien. 1926, übergab der

Verein das Gebäude eigentumsweise der Gemeinde Thun mit der Auflage, die Unterhaltskosten durch Wasser,

Strom und Gebäudeunterhalt zu übernehmen. Der Gemeinderat willigte ein, übernahm aber nur die Hälfte der

Kosten. Im April 1931 stellt der Ornithologische Verein aus einer Stadtratssitzung fest, dass der Verein die

Voliere auf eigene Kosten auf dem von der Stadt zur Verfügung gestellten Areal erbauen liess.

Nach 26 Jahren, im Winter 1945 standen erstmals Renovationen an der Voliere an. Die Tiere fanden in dieser

Zeit Obhut bei Mitgliedern des Sing- und Ziervogelvereins Thun und Umgebung. Nach weiteren vier Jahren,

erfolgte eine gründliche bauliche Renovation am Gebäude. Der mittlerweile betreuende Sing- und

Ziervogelverein Thun und Umgebung ergänzte mit einem zweiten Wasserbecken die Aussenanlage.

Während der Zeit zwischen 1945 und 1980 konnte der Sing- und Ziervogelverein Thun und Umgebung mit

einer Vereinsgrösse von 50 bis an die 185 Mitgliedern und einem breiten Angebot an Tätigkeitsprogrammen,

die Voliere im Schwäbis querfinanzieren.

Zur Feier des 50jährigen Bestehens des Sing- und Ziervogelvereins Thun und Umgebung vollzogen die Stadt

Thun und der Verein 1972 gemeinsam eine Generalrenovation an der Voliere. Wenige Jahre waren vergangen.

Die Voliere präsentiert sich nach all den Jahren nicht mehr von der schönsten Seite. Der Sing- und

Ziervogelverein Thun und Umgebung hat an der Vereinsversammlung im April 1980 einstimmig beschlossen,

den Betrieb der Voliere Schwäbis einzustellen. Denn 1978 gelangten die Betreuer mit einem Gesuch an die


Stadt, indem verschiedene Renovationen gefordert, aber nicht ausgeführt wurden. Ein Stück von Thun war

damit verschwunden.

Es folgten Verhandlungen und Abklärungen zwischen den Parteien. Ebenfalls wurden Alternativen gesucht.

Von der Teilrenovation bis zur teuren Totalrevision, oder sogar der Standortwechsel in den Bonstetten Park

mit einem Neubau wurde Vorgeschlagen.

Der Entscheid ist im Januar 1981 gefallen. Nach einem Jahr Voliere Schwäbis ohne Vögel, übernimmt der

Ornithologische Verein Steffisburg die Betreuung. Die Sanierung kostet den Gemeinderat 60000.- Franken.

Anfang Juni wurde die Voliere wieder geöffnet. Heiri Moser betreute die Voliere bis in die 90er Jahre, bis Heinz

Jordi dieses Amt während mehreren Jahrzehnten bis zum Ableben im Jahr 2008 übernahm. Der

Ornithologische Verein Steffisburg kündigte anschliessend den Vertrag mit der Stadt Thun.

Ende 2008 war die Zukunft der beliebten Vogelvoliere im Schwäbis noch ungewiss. Die Stadt wollte die

dringend nötige Sanierung nicht selber übernehmen und suchte nach einem Betreiber. Daraufhin wurde unter

der Initiative des Thuner Unternehmers Carlos Reinhard und Wolfgang Jordi, dem derzeitigen Untermieter der

Voliere Schwäbis, ein Förderverein gegründet, welcher die Voliere im Baurecht übernahm. Die Zukunft der

Voliere Schwäbis war wieder gesichert. Der Förderverein investierte 80000.- Franken für die Renovation vom

Dach und der Gehege.

Nach kaum 12 Jahren löst sich der Förderverein Vogelvoliere Schwäbis im Jahr 2021 auf. Ein neuer Verein muss

gegründet werden. Weiter stehen auch grössere Renovationen an der Anlage an. Der im Jahr 2021 neu

gegründete Förderverein Voliere Schwäbis übernimmt als kleines Team die Betreuung der Tiere und nimmt die

Verhandlungen für Renovationen mit der Stadt Thun auf.


M. Weidmann